23.05.2017

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit nur bei eindeutiger Vertragsgestaltung

Das BAG hat entschieden dass bei der Abfassung von Arbeitsverträgen besondere Sorgfalt bei der Formulierung von Kündigungsfristen angewendet werden muss Möchte der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festlegen dass der Arbeitsvertrag während der Probezeit mit der gesetzlich vorgesehenen 2-wöchigen Kündigungsfrist gekündigt werden kann verfehlt er dieses Ziel wenn er an anderer Stelle des Arbeitsvertrages ohne weitere Differenzierung auf die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages Bezug nimmt aus dem sich längere Kündigungsfristen ergeben

BAG, Urteil vom 23 3. 2017, Az. 6 AZR 705/15
 

Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens 6 Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Kündigungsfrist kündigen kann.

 

Der Kläger hatte gegen eine Kündigung Klage erhoben, die ihm während der Probezeit mit einer seiner Ansicht nach zu kurzen Kündigungsfrist ausgesprochen worden war. Im Arbeitsvertrag, den der Arbeitgeber vorformuliert hatte, war pauschal vereinbart worden, dass sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser Manteltarifvertrag sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. An einer anderen Stelle des Arbeitsvertrages war eine Regelung enthalten, wonach eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Monatsende gelten solle.

Am 5. September 2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20. September 2014. Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der 6-wöchigen Kündigungsfrist endete.

 

Während die unterste Instanz (Arbeitsgericht) die Klage abwies, konnte sich der Kläger mit seiner Rechtsauffassung sowohl vor dem Landesarbeitsgericht als auch vor dem Bundesarbeitsgericht durchsetzen.

 

Die Bestimmungen der des von dem Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrages seien als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer 6-wöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt somit auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

 

Anmerkung:

Diese Entscheidung belegt einmal mehr, wie wichtig es ist, bei der Abfassung von Arbeitsverträgen große Sorgfalt aufzuwenden. Es ist ein Gebot richtiger Vertragsgestaltung, möglichst klare Regelungen zu schaffen. Je unklarer die Vertragsregelungen formuliert sind, desto größer ist die Gefahr, dass das angestrebte Ziel nicht erreicht wird.

 

Die Angabe der Kündigungsfristen gehört zu den zwingend aufzunehmenden Mindestangaben im Arbeitsvertrag. Regelungen über Kündigungsfristen sind allerdings bereits detailliert in § 622 BGB und anderen gesetzlichen Vorschriften sowie Tarifverträgen geregelt. Insoweit erscheint es naheliegend, auf diese schon vorhandenen Regelungswerke zu verweisen. Problematisch wird dies, und das zeigt der vorliegende Fall, wenn die gleichen Sachfragen (also z.B. die Länge der Kündigungsfristen) in den in Bezug genommenen Rechtsquellen (Gesetz, Tarifvertrag etc.) unterschiedlich bzw. widersprüchlich geregelt werden. In einem solchen Fall muss dann mittels Auslegung ermittelt werden, wie ein juristisch nicht vorgebildeten Arbeitnehmer diese Vertragsklauseln verstehen musste.

 

Die Absicht des Arbeitgebers, in der (maximal 6-monatigen) Probezeit die vom Gesetzgeber vorgesehene 2-wöchige Kündigungsfrist zur Anwendung kommen zu lassen und erst danach die Kündigungsfristen des in Bezug genommenen Manteltarifvertrages,war hier zum Scheitern verurteilt, weil nicht klar war, ob die Kündigungsfristen des Manteltarifvertrages auch in der Probezeit Anwendung finden sollten. Arbeitsvertraglich hätte dies ganz einfach dadurch sichergestellt werden können, dass man in der Regelung der Kündigungsfristen klar zwischen der Probezeit und der Zeit danach unterschieden hätte.