LG Köln zum Anscheinsbeweis bei einer Kollision des Linksabbiegers mit dem nachfolgenden Verkehr

Die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins sind bei typischen Geschehensabläufen heranziehbar.

Der Anscheinsbeweis ist also in Fällen anwendbar, in denen ein konkreter Sachverhalt feststeht, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf eine konkrete Ursache oder einen konkreten Geschehensablauf als maßgeblich für den Erfolgseintritt hinweist. Wenn ein links abbiegendes Fahrzeug mit seinem Linksüberholer zusammenstößt, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Linksabbieger seinen ihn nach § 9 Abs. 1 StVO treffenden Pflichten nicht nachgekommen ist. Wer abbiegen will, ist dazu verpflichtet, dies rechtzeitig und deutlich anzukündigen. Es ist davon auszugehen, dass der nachfolgende Verkehr keinen Überholvorgang gestartet hätte, wenn der Linksabbieger dieser Pflicht nachgekommen wäre. Außerdem kann angenommen werden, dass der Unfall hätte verhindert werden können, wenn der Linksabbieger seiner doppelten Rückschaupflicht nachgekommen wäre. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das überholende Fahrzeug dem Linksabbieger nicht unmittelbar gefolgt war, sondern zwei oder mehr Fahrzeuge in einem Vorgang überholt und der Zusammenstoß dann mit einem aus dieser Kolonne ausscherenden Fahrzeug erfolgt war.
 
LG Köln, Urteil LG Koeln 9 S 157 16 vom 08.02.2017
Normen: § 9 Abs. 1 und Abs. 5 StVO
[bns]