Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs galt bislang, dass Kosten von Zivilprozessen in der Regel nicht zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kam nur ausnahmsweise in Frage, wenn der Steuerzahler ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können.
Im Mai 2011 hat der Bundesfinanzhof nun seine Rechtsauffassung geändert und lässt den Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen dann zu, wenn der Steuerzahler darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Begründet hatte das der Bundesfinanzhof damit, dass jemand, der sein Recht durchsetzen will, nicht Selbstjustiz üben kann. In einem Verfassungsstaat muss er zwingend den Rechtsweg beschreiten, womit die Prozesskosten zwangsläufig entstehen.
Auf dieses Urteil hat das Bundesfinanzministerium jetzt mit einem Nichtanwendungserlass reagiert, in dem auch gleich angedeutet wird, dass sich das Ministerium um eine Gesetzesänderung bemühen wird, die die bisherige Rechtslage wieder herstellen wird. Als Grund gibt das Ministerium an, dass der Finanzverwaltung für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses und der Motive der Verfahrensbeteiligten keine Instrumente zur Verfügung stehen.
Außerdem sei von der neuen Rechtsprechung eine erhebliche Anzahl von Fällen betroffen. Prozesskosten könnten daher auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Wer also dennoch für die zurückliegenden Jahre seine Prozesskosten noch steuerlich geltend machen will, wird sich auf jeden Fall auf ein Finanzgerichtsverfahren einstellen müssen. Für das neue Jahr wird eine Berücksichtigung angesichts der angedeuteten Gesetzesänderung wohl in jedem Fall ausgeschlossen sein.